Unterwegs zum Unterricht im Herbst und Winter – Bereitstellung von Sicherheitswesten

Wenn Radwege fehlen, sind nicht angepasste Radfahrer besonders gefährdet! Diese Erkenntnis wird beim Arbeiten mit geflüchteten Menschen besonders deutlich, wie diese kleine Geschichte zeigt:

Die Häuser im Kampstüh werden zunehmend als Flüchtlingsunterkunft genutzt. Menschen aus Afrika, Syrien und dem Irak wohnen hier. Zum Einkaufen, zu Arztbesuchen, zu Terminen im Rathaus oder auch zum Deutschkurs fahren sie meist mit dem Fahrrad auf der Kreisstraße K58 nach Lehre. In den Sommermonaten ist es kein größeres Problem, dass hier kein Radweg vorhanden ist. 

In der dunklen Jahreszeit jedoch bemerken Autofahrer häufig erst im letzten Augenblick Menschen auf nicht beleuchteten Fahrrädern, denen sie nur knapp ausweichen können. Diese Menschen sind häufig Flüchtlinge, die nach ihren Deutschkursen nach Hause in den Kampstüh fahren.

Was hält die Polizei davon?

Die Polizei in Lehre kennt dieses Problem. Ein Polizist erklärt dazu: „Wir haben uns in der Dienststelle über dieses Problem unterhalten. Hier bei uns lernen die Kinder schon in der Grundschule, dass man sich als Fahrradfahrer schützen muss: durch eine richtige Beleuchtung, durch helle und reflektierende Kleidung und durch eine sichere Bereifung des Rades“, sagt er. „Die Flüchtlinge aber kommen aus Ländern zu uns, in denen die persönliche Sicherheit nicht so wichtig genommen wird. Sie nehmen Gefahren und Risiken anders wahr, als wir in Deutschland.“ Weiter führt er aus: „Es bringt daher gar nichts, wenn wir Polizisten uns an den Ortsausgang von Lehre stellen und das nicht verkehrssichere Fahrrad eines Flüchtlings beschlagnahmen oder eine Geldstrafe verhängen“ und zuckt etwas ratlos die Schultern. „Schließlich ist jeder selbst für seine Sicherheit verantwortlich!“

Szene aus dem Deutschkurs

Im Kulturtreff in der Berliner Straße sitzt um 16.30 Uhr noch eine Gruppe von Flüchtlingen, die einen Deutschkurs besucht. Um 17.00 Uhr fahren viele von ihnen in der Dunkelheit mit dem Fahrrad nach Hause in den Kampstüh.

Die Fahrräder, die hinter dem Haus im Hof abgestellt sind, entsprechen auf den ersten Blick garantiert nicht der deutschen Straßenverkehrsordnung.

Hamza I. aus dem Irak erklärt: „An meinem Fahrrad ist keine Lampe.“ Auch Orash A.  aus dem Sudan sagt: „Nein, keine Lampe!“ Aber, das ist doch gefährlich! Darauf erfolgt ein entschuldigendes Lächeln. „Hast du keine Angst im Dunkeln nach Hause zu fahren?“ Jetzt muss zuerst einmal Angst in einem Internet-Wörterbuch nachgeschlagen werden. „Nein“,  Hamza hat keine Angst. Aber Orash gesteht seine Angst schon ein. „Ich mache meine Handy-Taschenlampe beim Fahren an“.

Spende von der DAA

Bruno Ryske, der Deutschlehrer vom DAA (Deutsche Angestellten Akademie, Braunschweig) hört mit besorgter Miene zu. Er zieht sich kurz zum Telefonieren zurück. Als er wiederkommt, berichtet er: „Ich habe mit unserer Zentrale gesprochen und dieses Problem geschildert. Die vom BAMF  beauftragte DAA wird aus vom Ministerium BMI bereitgestellten Budgetmitteln 30 Sicherheitswesten kaufen für Flüchtlinge, die so spät noch im Dunkeln mit Fahrrädern unterwegs sind.“

Jetzt heißt es noch, alle Flüchtlinge eindringlich auf die Gefahren im Straßenverkehr hinzuweisen und sie zum verantwortungsbewussten und regelmäßigen Tragen der Sicherheitswesten anzuhalten. Unfälle sollten auf jeden Fall vermieden werden. Schon wenige Tage später am 23.11.2017  wurden die Westen überreicht und konnten nach dem Unterricht um 17.00 Uhr sofort ausprobiert werden.

Foto: Frau Kolbe und Deutschlehrer Bruno Ryske von der DAA mit Kursteilnehmern nach Übergabe der Sicherheitswesten im Kulturtreff

Der Verein Willkommen in Lehre dankt der DAA für die unkomplizierte Organisation der Westen und freut sich über weitere Spenden, z.B. in Form von Aufsteck-Beleuchtung für Fahrräder oder über eine Mitarbeit z.B. in der Fahrrad-Reparaturgruppe.